Der in Biel lebende Künstler Nativ schaut auf seiner neuen EP «mir geits würklech guet, i gseh nur so us» zuversichtlich in Richtung Zukunft.
Man könnte meinen, dass uns Thierry Gnahoré alias Nativ, 26, Rapper aus Biel, partout nicht sagen will, wer er ist: Mit (fast) jeder Veröffentlichung wechselt er das Klangbild, wechselt er die Reimmuster, wechselt er die Art zu rappen. Immer wenn man glaubt, man habe ihn künstlerisch erfasst, schlägt er wieder einen Haken. Mal bringt er die Schweiz zur energetischen Klimax, mal hat er ein Rendez-vous mit sich selber und seinen melancholischen Gedanken, mal bündelt er, wie zuletzt unter dem Namen Psycho’n’odds die Kräfte gemeinsam mit seinem Bieler Kumpel Buds Penseur. Und mal fabriziert er gemeinsam mit Hausproduzent Questbeatz trippigen Trap. Zweimal das Gleiche, das gibt es für ihn nicht.
Mit seiner neuen EP «mir geits würklech guet, i gseh nur so us» nimmt uns Nativ mit an der Hand und führt uns an einen Ort, an dem Sommer, Sonne, NeoSoul und Positivismus gerade eine kleine unaufgeregte Revolution starten. Es ist kein Zweckoptimismus, kein aufgesetztes Verhaltensmuster, sondern eine gereifte Entscheidung: Egal, was gerade um uns herum geschieht, egal wie viel Angst man vor gewissen Sachen haben darf – wenn wir uns davon runterziehen lassen, hilft das niemanden. Vorwärts führt der Weg – und Verkrampfung ist keine Lösung.
Um diese Message erstmal an sich selbst und dann an uns zu vermitteln, benutzt er – oh Wunder – seine Stimme. Aber eben wieder mal slightly anders als bisher: Er löst sich singend, summend, vom Liegestuhl aus einem Vibe und einer Gewissheit folgend von seinen Ängsten und Dämonen.
Entstanden sind so in Zusammenarbeit mit Questbeatz fünf Stücke mittleren Tempos, gehalten in einer recht einheitlichen tiefenentspannten Manier. Für die thematische Verbindung sorgen die Intros und Outros von Sängerin L’eaurie («Figg nid mit em Universum…») die sich in «Leaurie’s Vibe» von Stress lossagt. Für «Soil» nimmt er die Zusammenarbeit mit Pablo Nouvelle wieder auf, mit dem 2019 bereits die herausragende Single «Lupus» entstanden war. Die Gitarre reflektiert die Sonnenstrahlen, das programmierte Schlagzeug tanzt und Nativ verbindet sich Barfuss mit allem, was für Zuversicht steht.
Seien wir ehrlich: Eigentlich wissen wir schon ziemlich genau, wer Nativ ist. Einer, der sich nicht festlegen will, nie festlegen wird. Einer, der einfach seinem Gefühl folgt. Der jeden Tag Musik lebt und für sie sein Herz öffnet. Wer sie aufmerksam hört, dem passiert das Gleiche.